Das geplante Verbandssanktionengesetz – ein Unternehmensstrafrecht

Nach geltender Rechtslage kann sich ein Unternehmen nicht strafbar machen, sondern nur die für das Unternehmen handelnden Personen. Gegenüber dem Unternehmen kann bisher nur eine Geldbuße auf Grund einer Ordnungswidrigkeit verhängt werden. Das soll sich nach dem Willen der Bundesregierung ändern. Das Bundesjustizministerium hat dazu am 22. April 2020 seinen lang erwarteten „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ vorgelegt. Nachdem die Interessenverbände bis zum 12. Juni 2020 Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, hat die Bundesregierung den Entwurf bereits am 16. Juni 2020 ohne erneute Änderungen beschlossen. Danach sind im Falle von Straftaten, die aus dem Unternehmen oder einem anderen Verband heraus begangen werden, folgende Änderungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslagevorgesehen:

  • Deutlich höhere Geldbußen,
  • Möglichkeit der Strafmilderung um bis zu 50% durch die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems,
  • Einhaltung komplexer Regeln für interne Untersuchungen im Unternehmen,
  • Pflicht der Staatsanwaltschaft, im Falle eines Anfangsverdachts Ermittlungen gegen das Unternehmen aufzunehmen,
  • Deutlich vereinfachte Beschlagnahme von unternehmensinternen Unterlagen durch die Strafverfolgungsbehörde.

Auf diese Weise soll die effektive Bekämpfung der Korruption erreicht werden, so das ausdrückliche Ziel des Bundesjustizministeriums.

Ob das Gesetzesvorhaben sinnvoll ist und die vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich die Ziele erreichen, ist äußerst fraglich. Dennoch sollten Unternehmen sich auf die neue Rechtslage rechtzeitig vorbereiten.

Folgende Vorkehrungen werden empfohlen:

  1.  Gesetzeskonforme Umsetzung der Regeln zu internen Ermittlungen, um – falls erforderlich – von einer Strafmilderung zu profitieren,
  2. dazu gehört auch die Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates,
  3. frühzeitige Schulung der mit internen Ermittlungen betrauten Arbeitnehmer,
  4. strategische Möglichkeiten zur Verhinderung einer Beschlagnahme interner Unterlagen ausloten.

Es ist zu erwarten, dass der Gesetzesentwurf noch dieses Jahr das formelle Gesetzgebungsverfahren durchläuft.


Stand 23.06.2020