Die „Whistleblower-Richtlinie“ – eine kurze Zusammenfassung

Die „Whistleblower-Richtlinie“ zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden

Durch rechtswidriges Verhalten entstehen jährlich wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Diese könnten durch funktionierende Hinweisgeber-Systeme und die konsequente Aufdeckung der Verstöße drastisch reduziert werden. Nach bisher geltendem Recht steht ein Hinweisgeber aber, auch wenn er gutgläubig handelte und die von ihm erteilten Hinweise der Sache nach richtig sind, etwaigen daraus folgenden Repressalien in der Regel schutzlos gegenüber. Die Angst vor Konsequenzen (wie bspw. der Verlust des Arbeitsplatzes, private Isolation und finanzieller Ruin) hält potenzielle Hinweisgeber oft davon ab, ihren Verdacht eines rechtswidrigen Verhaltens im eigenen Arbeitsumfeld zu melden. Durch die Schaffung EU-weiter Mindeststandards soll es Hinweisgebern ermöglicht werden ihre Kenntnisse weiterzuleiten, ohne dass sie persönliche oder wirtschaftliche Nachteile befürchten müssen. Zu diesem Zweck ist am 16.12.2019 die EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden in Kraft getreten, welche bis zum 17.12.2021 durch die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss.

Hinweisgeber sind natürliche Personen, die im Zusammenhang mit ihren Arbeitstätigkeiten erlangte Informationen über Verstöße melden oder offenlegen. Um in den Anwendungsbereich der Richtlinie zu fallen, muss der Hinweisgeber hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass die von ihm gemeldeten Sachverhalte der Wahrheit entsprechen. Es sollen ihm für die Meldung drei Möglichkeiten offenstehen:

  1. die interne Meldung,
  2. die externe Meldung,
  3. die Offenlegung.

Die interne und die externe Meldung sind gleichrangig, wodurch für Arbeitgeber ein Anreiz geschaffen werden soll, funktionierende interne Meldesysteme einzurichten und ggf. wirksam gegen Verstöße vorzugehen. Denn die Arbeitgeber haben in der Regel ein großes Interesse, Verstöße zunächst intern aufzuklären. Das Meldeverfahren muss bestimmten Standards genügen, unter anderem die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers wahren sowie die Transparenz des Verfahrens. Unter diesen Voraussetzungen bleibt die Ausgestaltung des Meldeverfahrens dem Arbeitgeber überlassen. In Betracht kommen etwa Telefon-Hotlines, Beschwerde-Briefkästen oder Ombudspersonen. Eine Offenlegung des Verstoßes durch den Hinweisgeber ist hingegen nur zulässig, wenn zuvor eine interne oder externe Meldung ohne Erfolg blieb.

Für den Fall, dass die Voraussetzungen der Richtlinie erfüllt sind, wird dem Hinweisgeber Schutz gewährt im Hinblick auf seine Identität, mögliche Repressalien und eine etwaige Haftung wegen Schäden infolge der Offenlegung der Verstöße. Auch die Person, die einen Verstoß begangen haben soll, wird geschützt, indem ihr das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, auf ein faires Gerichtsverfahren und die Wahrung der Unschuldsvermutung sowie ihre Verteidigungsrechte eingeräumt wird.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass ein internes System zum Umgang mit Meldungen, das den Aufsichts- und Organisationspflichten der Unternehmensleitung genügt, den gutgläubigen Hinweisgeber schützt und gleichzeitig die Rechte der betroffenen Person sichert, elementarer Bestandteil eines effektiven Compliance-Management-Systems werden wird. Unternehmen sind daher gut beraten, zeitig solche internen Meldeverfahren in ihr Compliance-Management-System zu integrieren und diese zu implementieren, um nicht im Dezember 2021 eine böse Überraschung zu erleben.


Stand 23.06.2020